Michael Vorfeld

 

REFLEX

 

Fotografische Arbeiten zum Licht

 

Ausstellung vom 21.07.18 bis 29.09.18

Vernissage am 20.07.18 um 19h

Die Ausstellung REFLEX zeigt fotografische Arbeiten des Berliner Medienkünstlers Michael Vorfeld, die sich mit unterschiedlichen Erscheinungsformen des Lichts auseinandersetzen. Einerseits streng und analytisch, andererseits spielerisch und sinnlich wird die Wahrnehmung und mediale Rezeption von Licht auf vielfältige Weise beleuchtet. Zwischen Aufsichtsbild und Projektion, konkretem Abbild und fixierter Lichtspur unternimmt die Ausstellung einen eigenwilligen Versuch sich dem Phänomen Licht und seiner Darstellbarkeit zu nähern. Es entspannt sich ein weiter Bogen von der Lichtquelle zum Lichtbild, vom Schattenspiel zur Laterna Magica,. Dabei kommen ausschließlich analoge fotografische Techniken und Materialien, wie Silbergelatine-Abzüge, aber auch Dia-Positive, oder ein in der DDR produziertes, doppelseitig beschichtetes Fotopapier zum Einsatz.

 

Licht ist nicht sichtbar, es macht sichtbar. Um Licht wahrnehmen zu können, braucht es ein Medium und sei es in seiner Stofflichkeit noch so fein, wie etwa Staub oder Nebel. Diese grundlegende Erkenntnis ist auch für die Darstellbarkeit des Lichts von wesentlicher Bedeutung und führt zu der Schlussfolgerung, dass nicht das Licht selbst, sondern lediglich der Effekt von Licht  gezeigt werden kann.

 

Mit der Erfindung der Fotografie in den 1830er Jahren wurde es möglich ein direkt durch Licht hervor gerufenes Bild zu gewinnen. Von da an war es nicht mehr ausschließlich die manuell erzeugte bildliche Darstellung mittels derer unsere Umwelt visuell festgehalten werden konnte.  Vielmehr reichte bereits die vom Motiv ausgehende Reflexion von Licht, um ein mittels eines optischen Apparates direkt auf lichtempfindliches Material projiziertes, zunächst latentes, dann mit Hilfe chemischer Prozesse sichtbares Abbild der Wirklichkeit zu gewinnen. Zwar war das Prinzip der Camera Obscura schon seit der Antike bekannt, reicht die Entwicklung der optischen Linse ebenfalls weit in die Geschichte zurück und geschah die Herstellung lichtempfindlicher Materialien bereits deutlich vor der Erfindung der Fotografie, seine mediale Bedeutung erlangte das fotografisch gewonnene Bild jedoch erst durch die Tatsache, dass ein mit Hilfe einer Kamera erzeugtes Lichtbild mittels chemischer Prozesse sichtbar und schließlich auch dauerhaft fixiert werden konnte.

 

Neben Fotografien auf Papier präsentiert die Ausstellung auch zahlreiche Arbeiten mit Dia-Positiven (von altgriechisch δία dia = deutsch ‚durch‘). So ist u.a. ein großes Feld von gerahmten Dias auf einem Leuchtkasten angeordnet, deren schwarz/weiße, aber auch in den Grundfarben gehaltene Bilderwelt Abbildungen der Optik oder Formen von Linsenöffnungen, Masken und Schablonen, durch die das Licht beim fotografischen Prozess bzw. bei der Projektion gezwungen wird, zeigt.

 

Andere Aspekte der Ausstellung schaffen – ebenfalls das Dia-Positiv nutzend – historische Bezüge wie z.B. zum indonesischen Schattenspiel „wayang kulit“. In der gezeigten Projektion, bei der die traditionell verwendeten Dekorationselemente wie Tiere und Bäume verwendet werden, wandeln sich allerdings die Schatten- zu Lichtfiguren.

 

Weitere, auf Papier gezeigte Arbeiten sind der Projektionslampe mit ihren filigranen Glühelementen, welche die eigentliche Quelle des projizierenden Lichts und somit der flüchtigen, rein vom Licht transportierten Darstellung des Dia-Positivs sind, gewidmet.

 

Daneben sind auch zahlreiche mit vielfältigen fotografischen Mitteln hergestellte Aufsichtsbilder von Bildwerfern, Scheinwerfern, Lichtquellen etc. zu sehen. Diese umfangreiche Werkgruppe von Fotografien und Fotografiken präsentiert sich im wesentlichen auf doppelseitig beschichtetem Fotopapier – sogenanntem DD-Papier der Firma ORWO –, welches in der DDR produziert wurde. Dabei kommt es je nach Intensität der Belichtung zu einer mehr oder weniger starken Wechselwirkung der beiden unabhängig von einander belichteten Seiten des Fotopapiers. Die Wirkung des Lichts führt somit zu einer Symbiose der Bildinformation von Vorder- und Rückseite des Bildträgers. In Form zum Blättern bereit liegender Hefte, präsentieren sich diese Lichtbilder als assoziationsreiche Bilderfolgen in einer ausgeprägt haptischen Weise.

Ein weiterer Teil der Ausstellung widmet sich der kameralosen Fotografie. So zeigen abstrakt wirkenden Lichtspuren das Ergebnis direkter Einwirkung unterschiedlicher Lichtquellen wie Leuchtstoffröhren, Taschenlampen oder Blitzgeräte auf lichtempfindlichem Papier oder Film.

 

Gemeinsam ist allen gezeigten Arbeiten die wesentliche Rolle des fotografischen Materials selbst. Die Konzentration auf die spezifischen Eigenheiten des jeweils gewählten Bildträgers, die Betonung der verschiedenen fotografischen Werkstoffe und Techniken und die damit verbundene Wirkung jeder der gezeigten Arbeiten, gibt der Ausstellung eine ungewohnte, sich dem Zeitgeist moderner Fotokunst entgegenstellende  Ausrichtung.

 

In der aktuellen digitalen Fotografie ist die Materialität des fotografischen Bildes, seine Stofflichkeit und Beschaffenheit extrem in den Hintergrund getreten. Das fotografische Material mit seinen jeweiligen Eigenschaften, seiner Körperlichkeit,  Aura und Ausstrahlung jenseits des Dargestellten, spielt kaum noch eine Rolle. Diese Entwicklung ist zum Einen der Tatsache geschuldet, dass das fotografische Bild in jüngerer Zeit zumeist auf dem Monitor betrachtet wird und dadurch jeglicher Objekthaftigkeit entzogen ist. Aber auch der in der künstlerischen Fotografie dominante digitale Print, der sich frei von manueller Handhabung oder auch nur der kleinsten Spur von Staub, Kratzer und Retusche präsentiert, erfährt eine deutlich stärkere Neutralität als der analoge fotografische Abzug. Das Foto in seiner objekthaften Erscheinungsform ist in der modernen, künstlerischen Fotografie kaum noch zu finden und die Metaebene der Körperlichkeit scheint in der digitalen Fotografie vollends zu verschwinden. Waren innerhalb der künstlerischen Fotografie verschiedene Strömungen wie die „konkrete Fotografie“ oder auch die sogenannte „abstrakte Fotografie“ – beiden Richtungen ist die Loslösung vom unmittelbar Abbildenden, ob dokumentarisch oder inszeniert, hin zu einer auf sich selbst bezogenen Gestaltung mittels Licht oder chemischer Prozesse gemeinsam – im gesamten 20ten Jahrhundert präsent, so konzentriert sich die aktuelle Fotografie nicht zuletzt durch das Verschwinden zahlreicher fotografischer Materialien und Techniken fast ausschließlich auf das abgebildete Motiv.

 

Ganz anders verhält es sich bei den in der Ausstellung REFLEX präsentierten Arbeiten, wo neben dem Abgebildeten auch die verwendeten, vielfältigen Materialien sowie die unterschiedlichen fotografischen Techniken eine geradezu dominante Rolle spielen. So eröffnet das projizierte Dia-Positiv allein aufgrund seiner flüchtigen Erscheinungsform und des Lichtraums zwischen Bildträger (Dia-Positiv) und Abbild (Projektion auf der Wand) Wahrnehmungsfelder, die weit über das eigentlich Gezeigte hinaus gehen. Die haptisch erfahrbare Materialität fotografischer Arbeiten in Form verschiedener Hefte, die zum größten Teil auf doppelseitig beschichteten Fotopapier entstanden, vermitteln durch die gegenseitige Beeinflussung von Papiervorder- und  Papierrückseite mehr als die Abbildung selbst. Und auch die konventionell präsentierten Fotografien (zumeist Silbergelatine-Handabzüge) besitzen aufgrund ihrer individuell geprägten Materialität eine auf ihre Wesensart als Lichtbild verweisende Ausstrahlung, die das Gezeigte um eine zusätzliche Wahrnehmungsebene erweitert.

 

Mit all ihren vielfältigen Exponaten unternimmt die Ausstellung REFLEX den Versuch, sich mittels konventioneller wie auch experimenteller Techniken dem Phänomen Licht und seiner Darstellbarkeit mit fotografischen Mitteln anzunähern. Dabei bleiben alle gezeigten Arbeiten stets der Fotografie ganz im Sinne der ursprünglichen Bedeutung von photós = Licht und graphein = schreiben unmittelbar verbunden. Mit der Wahl ausschließlich analoger Mittel der fotografischen Bildgestaltung und unter Verwendung verschwindender oder fast verloren gegangener fotografischer Materialien und Techniken versucht die Ausstellung über die Bildinformation hinaus eine unmittelbare, sinnliche Erfahrung des Lichtbilds zu vermitteln.

 

Michael Vorfeld

 

www.vorfeld.org

 

 

ePaper
Teilen: